Die Madcaps – Steht die Wiege des Austropop in Strasshof an der Nordbahn?
Schon im Dezember 2015 haben wir uns in Strasshof die Jubiläumsveranstaltung “50 Jahre Madcaps – Strasshof, Wiege des Austropop” angesehen – der netten Einladung von Madcaps-Gründer Hans Kloiber folgend.
Nachdem sich damals ob der vielen anwesenden alten Freunde, Bekannten, Familie und Wegbegleitern klarerweise kein Interview ausging, haben wir dieses ins neue Jahr geschoben und erfreulicherweise hat auch gleich der erste Termin geklappt und ich sitze in Hans Kloibers hübschen Haus in Strasshof an der Nordbahn (NÖ) den 3 Gründungsmitgliedern gegenüber: Hans Kloiber, Georg Hauser und Erwin Schubert – alles erstaundlich junggebliebene Herren, denkt man an nunmehr mittlerweile 51 Jahre Bandgeschichte, die allerdings zwischenzeitlich ab und an eine Pause machte und daher nicht ganz mit dem diesbezüglichen Rekord der Worried Men Skiffle Group (1960-2014) mithalten kann.
Es plaudert sich wunderbar mit den Madcaps – vom Thema Musik ausgehend über ein wenig Politik, gescheite Energieträger und Klimaerwärmung etc. kommen wir immer wieder zur Musik zurück, insbesondere zum Thema “Austropop der ersten Stunde” welches heute neben einem Künstlerportrait der Madcaps auf der Tagesordnung steht.
Das Künstlerportrait ist trotz der scheinbar schwierigen Aufgabe (51 Jahre Bandgeschichte!) rasch erledigt – auch weil Hans Kloiber ein außergewöhnliches Archiv-Talent entwickelt hat. Ca. 10 vollgepackte Ordner mit Madcaps-Material liegen bereit – aber die Herren Hauser, Schubert und Kloiber wissen ohnehin fast alles ohne Nachblättern und im Booklet der CD “789-0” (Doppel-CD anlässlich “50 Jahre Madcaps” sind die vielen Bandmitglieder über die Dekaden sowie die erschienenen Tonträger fein säuberlich dokumentiert.
Jeder Ersteller einer Biografie hätte seine Freude!
Madcaps 1965-1970
Die ersten Jahre der 1965 in Strasshof an der Nordbahn (kennen viele via Eisenbahnmuseum sowie leider auch seitens eines gewissen Herrn Priklopil…) gegründeten Band verliefen ziemlich üblich für die damaligen Zeiten: Im Keller wurde geprobt und auch Party gefeiert, beim Wirten wurden da und dort dann Schlager und Tanzmusik von der Bühne gelassen.
Nur kurze Zeit benannten sich die Madcaps “German Six” – schon Ende 1965 war dann “Madcaps” üblich. Ein Name, der schon vor den heimischen “Madcaps” international in Verwendung war und der sich als Bandname auch aktuell sehr häufig in der weiten Welt findet.
Musikschulen und dergleichen waren damals noch rar – Georg Hauser und Erwin Schubert erzählen diesbezüglich von diversen Platten, die dann gleich nach oder beim Hören am Schlagzeug (bzw. anderen Instrumenten) bestmöglich nachgespielt wurden, was schon ab und an ziemlich stressig werden konnte. Noten? Wurscht.
Die Proben häuften sich, die Auftritte auch – “5-Uhr-Tee” war damals eine sehr häufige Veranstaltung in Österreich.
Ab 1969 (da gab es inzwischen schon einige personelle Veränderungen) begann man dann ernsthaft eigene Lieder zu komponieren und aufzuführen, auch Songs auf Englisch (in Stilrichtung “Underground”) standen plötzlich auf dem Song-Speisezettel der Madcaps.
Mitte 1970 bewarben sich die Madcaps dann mit zwei englischen Songs beim damals sehr umtriebigen Musikmanager Rene Reitz (welcher eine Zeitungsinserat aufgegeben hatte!) und wurden umgehend von Reitz unter Vertrag genommen.
Die beiden Songs wurden aber von der deutschen Plattenfirma als “uninteressant” abgelehnt, worauf die Madcaps (von der Ablehnung verbittert und leicht erbost) ganz einfach beschlossen, eine Single im Dialekt rauszuwerfen:
“Und wem’s ned gfoid, der soll sich haun über d’Häusa” / “I man i dram” wurde mit Rene Reitz via EMI Columbia, die B-Seite (die damals noch viel wichtiger war als in den späteren Jahren der Singles) erwies sich als radiotauglich (die A-Seite war damals wohl noch zu progressiv) und sieh an: Am 20.9.1970 stieg “I man i dram” in die Hitparade ein und konnte sich bis Platz 3 der Charts vorarbeiten.
Strasshof – Eine der Wiegen des Austropop
Schon zum Jubiläumskonzert im Dezember 2015 hatten wir uns über die freche Ansage “Strasshof – die Wiege des Austopop” auf der Einladung gewundert. Klar, dass wir diesbezüglich der Geschichte auf den Grund gingen und Fragen stellen mussten.
Einerseits war die Hitpardengeschichte hier sehr hilfreich, andererseits auch das wunderbare Buch “Wien Pop” (Falter Verlag), welches sich Hans Kloiber und Co. wohl auch besorgen werden – sie kommen darin nämlich mehrfach vor, ohne allerdings selbst zu Wort zu kommen.
Bei der ziemlich zeitgleich in den Hitparaden auftauchenden Marianne Mendt (A Glock’n…) sind wir uns sehr rasch einig: Das sich haltende Gerücht, dass es sich dabei um die Geburtsstunde des Austropop handeln würde, ist schlichtweg falsch!
Die Bronner-Österreicher-Nummer ist eher dem Swing, Beat oder Schlager zuzuordnen (der damals gar nicht neu war) – nur Dialekt alleine reicht uns hier nicht für “Austropop-Ehren”.
Ähnliches gilt auch für die Worried Men Skiffle Group, die mit “Glaubst i bin bled” schon im April 1970 in den Charts waren – hier sprechen die Madcaps aber von Skiffle-Musik. Da kann man natürlich lange diskutieren, ob die auch “Austropop” sein darf;-)
Nicht diskutieren müssen wir dann bei den damals auch sehr populären Milestones und den Schmetterlingen – das war eher “Flower-Power-Peter-Paul-and-Mary-inspirierte” Musik.
Die geteilte Wiege des Austropops lassen die Herren Hauser, Schubert und Kloiber aber bei der Malformation, in Ansätzen bei Drahdiwaberl und auch beim Herrn Qualtinger gelten, weitere Dialektinterpreten (der sich damals gerade auszubreiten begann) wären natürlich auch noch möglich, fallen aber gerade niemanden ein.
Die Recherchen der ArGe ergeben: Madcaps ja, weitere auch, die Marianne Mendt leider nicht.
Madcaps 1970-1974 – viel Musi, wenig Geld
Mithilfe der sehr guten Kontakte von Manager Rene Reitz hatten sich die Madcaps in Windeseile Radioeinsätze und damit einhergehende Bekanntheit gesichert. Auch der eine oder andere Auftritt im TV stand auf dem Programm.
Der Vertrag mit dem Manager war allerdings nicht unbedingt ein Honiglecken: Von den 11%, die EMI Columbia von den Erlösen ausschüttete, gab es 40% für die Band, die ja doch aus mehreren Köpfen bestand. Und Plattenspieler waren anno 1970 noch nicht wirklich sehr verbreitet, die Verkaufserlöse hielten sich demnach in Grenzen und die Mitglieder der Madcaps wurden auch immer wieder auf “später” vertröstet.
Der Erfolg in den Charts führte aber natürlich zu vielen Auftritten in ganz Österreich (auch eine “Westösterreich-Tour” sollte folgen, die u.a. nach Salzburg oder Zell am See führte) auch Modeschauen wurden z.B. mit Madcaps-Musik begleitet. Gar nicht selten gab es auch gleich 2 Auftritte/Termine an einem Tag – in Anbetracht der Tatsache, dass alle Madcaps-Mitglieder einem Beruf nachgingen, eine heute kaum vorstellbare Leistung. Aber die Herren waren ja jung…
Auch von einem recht spontanen Auftritt im einem bekannten Wiener “Puff” erzählt Georg Hauser – dem Besitzer gefiel der neue Sound der Madcaps derart, dass er eine -für damalige Verhältnisse- ziemlich fette Gage springen ließ. Das war aber eher die Ausnahme, weniger die Regel. Beträge gefällig? Über Geld spricht man nicht;-)
Die einstige Hobbyband hatte sich schon stark professionalisiert und probte immer häufiger – Hans Kloiber holt einen Terminkalender aus den Ordnern, welcher tägliche Bandproben nachweist. Nach der Arbeit. Es wird stressiger und stressiger – zuerst 2 Proben die Woche, dann 3 und schließlich sogar täglich…
Dem “Profitum” stehen aber keine ausreichenden Einnahmen entgegen – uniso kann man sich in Sachen Geld und Verträge auch auf ein “Wir waren in den jungen Jahren zu blauäugig” verständigen.
Relativ klar, dass sich ob der massiven Mehrbelastung das Vergnügen schön langsam in Grenzen hält – so steigt z.B. schon 1971 Hans Kloiber aus der Band aus und vielfach kommen die Texte nunmehr vom damals ebenfalls noch sehr jungen Georg Danzer, welcher von 1971 bis 1973 für Arrangements, Gitarre und Gesang sorgt.
Überhaupt wechselt die Bandbesetzung in diesen Jahren sehr häufig – Hans Kloiber (bis 1971), Heribert Golliasch (bis 1971), Norbert Weiss (bis 1971), Georg Hauser (durchgehend), Erwin Schubert (durchgehend), Georg Danzer (1971-1973), Raffael Peter Davis (1971-1974), Christian Adam (1971-1974) und Klemens Figlhuber (1971-1974) stellen mehr oder minder das Gründgerüst dieser Jahre im einigermaßen grellen Rampenlicht. Das
Mit “Fad is”, “Summer is” und “Schneemensch” schaffen es noch 3 weitere Songs sehr solide in die Hitparade – der Riesenhit sollte aber nicht wirklich gelingen.
Sehr beachtlich für die damalige Zeit: Die Madcaps haben in diesen “Blütejahren” immerhin 1,5 Langspielplatten veröffentlicht:
Zur 1972 erschienenen LP “Weanarisch is klass” (EMI Columbia) steuerten die Madcaps gleich 6 Lieder bei, die andere Hälfte stammt von der Malformation sowie von One Family.
1973 sollte es gar zu einer eigenen CD reichen: “made in austria” (EMI Columbia) fand sich aber nicht in den Charts wieder. Detail am Rande 1971 und 1972 gab es in Österreich nicht einmal eine LP-Chartwertung…
Es gilt diesbezüglich auch zu erwähnen, dass Anfang der 1970er die Herausgabe einer LP selbst für schon halbwegs bekannte Bands ziemlich selten war – die Produktionskosten waren (verglichen mit heute) damals extrem teuer, die guten Studios sehr rar und der Absatz von Longplayern noch deutlich geringer als z.B. 10 Jahre später. Und eine LP war für die Fans eben auch teurer als eine Single.
Für “made in austria”, so erzählt Georg Hauser, nahmen sich die Bandmitglieder 3 Wochen Urlaub und werkten von 10h morgens bis oft 4h früh im damaligen Bronner-Studio im 1. Bezirk (Rotgasse), Tontechniker war dort übrigens damals ein gewisser Peter Traxler, welcher ein paar Jahre später mit Wolfgang Katzer zum erfolgreichen Komikerduo Muckenstruntz (Traxler) und Bamschabl (Katzer) wurde.
Und ja, getrunken wurde damals auch schon viel – nach “geraucht” habe ich nicht gefragt;-)
Im Teil 2 der Madcaps-Story finden Sie viele Interessante Facts über weitere Projekte der Madcaps und deren Mitgliedern sowie auch den Status Quo der Band.