Planet Festival Tour 2016, Viertelfinale, Szene Wien, 5.2.2016

Bandwettbewerb versus ArGe-Vorurteile

Die ersten Sporen im Musikgeschäft, das verriet uns auch unser Musikinsider und Berater, der Marcin Suder, kann man sich durchaus sinnvoll bei diversen Bandwettbewerben verdienen.

Größere Bühnen, fette Anlagen und oft auch nette Zuschauermengen sind oft der Lohn für lange Arbeit im Proberaum, eine sehr wichtige Erfahrung in Sachen Publikumsreaktion und schließlich (bei Gelingen des Gigs) auch eine nette Hormonspritze für die weitere Arbeit im beinharten Musikbusiness.

Wir von der ArGe überlassen in Sachen Konzerten nur noch sehr selten etwas dem Zufall (wir werden ja nicht wie andere Musikjournalisten dafür bezahlt, uns das eine oder andere Konzert ansehen zu müssen), daher warten wir dann vor Ort oft nur noch auf die Bestätigung unseres vorher schon guten bis sehr guten Eindrucks. Und die erfolgt in der Regel fast immer, Ausnahmen bestätigen die Regel.

Ja,ja – kein allzu mutiger Zugang, aber die karge Freizeit gilt es sinnvoll zu nutzen, da sind Bandwettbewerbe schon eher ein Vabanquespiel. Nachdem es aber galt, endlich einmal den Schurken von Helmi’s Nightmare einen Besuch abzustatten, fand ich mich also solo (der Ar, dieser Lauser, hat den Termin sausen lassen) in der Szene Wien zum Viertelfinale der “Planet Festival Tour 2016” ein.

Dort angekommen, galt es noch den Modus des Abends in Erfahrung zu bringen – und insbesondere, wann “meine” Band (also Helmi’s Nightmare) loslegen wird: Blöde Gschicht, Startnummer 4, da könnte das Warten lang werden, immerhin sind die Gigs alle so ca. 25-30 Minuten lang…

Der Wettbewerb selbst war mir vorab eher egal, 2 von den 6 antretenden Bands des soeben stattfindenden Viertelfinales würden es ins Gasometer-Finale (im Mai) schaffen, die Rankings ergeben sich zu 50% aus Fanstimmen (via Eintrittskarte) und zu 50% aus einer mir unbekannten Fachjury.

Der Plan: O.k., dann seh ich mir halt ein paar Bands an, nutze die Pausen zum Bierzapfen und Lunge verpesten und da und dort ergibt sich in einer heiteren Rauchermenschenmenge ohnehin immer wieder das eine oder andere nette Plauscherl. Bis zu Helmi’s Nightmare reicht es dann immerhin zu einem Schwipps – den es, quasi vertraglich vereinbart, bis zum Quatscherl mit den Burschen zwecks Niveauangleichung herzustellen gab.

Die Verwegenen – bistdudeppert

Die Verwegenen live 2016

Die Verwegenen – klick to enlarge

Die -gar nicht böse gemeinte- Ignoranz gegenüber den anderen 5 Bands war erstaunlicherweise schon mit der ersten Band des Abends völlig weggeblasen:

“Die Verwegenen” aus Neuhofen an der Krems (Bezirk Linz Land) sahen zwar optisch so aus, als würden sich meine Vorurteile gegenüber Bandwettbewerben übelst bestätigen (derlei Wäsche tragen ab und zu auch fürchterliche Sportlerfestbands), schon nach wenigen Takten war aber klar: Das rockt gewaltigst, das ist frisch, das ist unique!

Druckvoller, funkiger Rock und deutsche Texte, oft eine schwere Übung, hier souverän und teilweise fast ekstatisch hingelegt – das sah schon ziemlich nach Profis aus. Und -so mich mein Eindruck nicht täuscht, die Lyrics kommen bei Livekonzerten ja oft nicht wirklich hörbar rüber- ab und an auch ganz schön deftig.

Auch leichte Bluestendenzen vernahm ich in Ansätzen, wie mir Die Verwegenen nachher erklärten, war der Eindruck gar nicht so falsch, selbigen (den Blues) spielen sie nämlich -in längeren Sets als hier- sonst häufiger.

Die Stimmung im Saale war zwar gut – die weit angereisten Oberösterreicher hatten klarerweise aber nicht unbedingt die größte Fanschar dabei, sodass sich das Publikum noch eher hinten versteckte und auch nicht nach vorne zu locken war. Fast wie in der Schule…hinten kann man besser tratschen…und schlimme Kinder waren heute ja viele dabei.

Wie auch immer: Den Burschen galt es sofort zu gratulieren, dass sich am Ende des Abends sogar der Sieg ausgehen sollte, war da noch eine vage These…

maksmakesmusic – solide

maksmakesmusic live

maksmakesmusic

Nach den lauten Klängen der Vorband war es für den späteren Dritten des Abends dann ziemlich schwer, ganz alleine mit “Klampfn” die Anlage in der Szene Wien zu fordern.

Sehr solide Popmusik von Markus Kurzmann, die mit breitem Arrangement sicher noch deutlich interessanter klingt.

Nett war’s jedenfalls – aber in Summe an dem Abend und für dieses Publikum wohl eindeutig zu ruhig.

Andi iksDe – zu brav

Andi iksDE

Andi iksDE – klick to enlarge

Hier waren mir die eingangs erwähnte Befürchtungen in Richtung “Bandbewerb” bzw. “Jugendbandwettbewerb” dann leider doch ziemlich nahe.

Brav, aber ziemlich statisch – vielleicht ja noch ein paar Bewegungsübungen mit den vielen mitgebrachten Fans machen, die haben zumindest für einen ziemlichen Wirbel vor der Bühne gesorgt.

Im Vergleich zu manchen Bühnenveteranen, die man diesen Abend erblicken konnte, haben die Burschen aber noch viel Zeit zum Üben. Und auch Potenzial.

Helmi’s Nightmare

Über Helmi & Co. haben wir schon breit berichtet: Helmi’s Nighmare waren eindeutig der Sieger der Herzen 😉

The Fair – grundsolide

The Fair

The Fair – klick to enlarge

Die vielen Blumen, die für The Fair im Vorfeld (beim Tratschen) von den Fans verteilt wurden, kann ich leider nicht 1:1 weitergeben: Die Erwartungen wurden bei mir wohl schon zu hoch geschraubt.

Trotzdem gilt es zu sagen: Grundsolider Rock, viele Fans, sehr routinierte Bandmitglieder mit einigen Falten im Gesicht aber noch viel Pfeffer im Arsch und ein feiner britischer Leadsänger (Andrew “Ben” Tidmarsh), den ich wohl nach dem Konzert dann mit “Bei mir war’s leider nur Platz 4” noch ein bisschen genervt habe.

Ob der musikalischen Qualität und vieler Fans aber sicher auch nicht unverdient im Finale gelandet.

Facewalk – fett

Facewalk live

Facewalk live – klick to enlarge

Mit “Nu Metal / Fun Metal” (Eigenbeschreibung der Truppe auf Facebook) haben mittelalterliche Herrschaften wie ich dieser Tage nur noch eher selten Berührungen – umso mehr freut es, wenn jemand (noch dazu in der dazu passenden Location Szene Wien) derart die Sau rauslässt, wie die 5-köpfige Band, von der es in den nächsten Tagen auch ein Factsheet auf der ArGe geben wird.

Aber nachdem mir deren Lieblingsband “Korn” schon in den 90ern da und dort (je nach Laune und Promillestand) sehr getaugt hat, war die Performance von Facewalk für mich ein so-was-von-würdiger Schlusspunkt eines gelungenen Musikabends, der dann noch ein Weilchen länger andauern sollte.

Wiewohl da oder dort zu sehen war, dass der große Bühnenraum noch mehr Platz für Verrenkungen aller Art Platz lässt (Sänger Ray hat diesen schon recht gut ausgenützt) – dafür dass die Band noch ausgesprochen frisch ist, klingt das schon ziemlich überzeugend.

Auch noch erwähnenswert: Mit Gitarristin Paula stand an dem Abend die einzige (junge) Dame auf der Bühne – sieht man natürlich von den “anders-feschen” “Helmi’s-Nightmare-GoGo’s” ab.

Guter Abend, guter Bewerb

The Fair und Die Verwegenen

The Fair und Die Verwegenen

Auch wenn es nicht alle ins Finale schaffen konnte – an diesem Abend gab es eigentlich nur Gewinner. Und eine lockere Stimmung auch abseits der Bühne, die man bei den meisten “Bobo-Konzerten” vermisst.

Ich überlege mir nunmehr ob der gebotenen Shows ernsthaft, mir das Finale der Planet Festival Tour am 21. Mai im Gasometer vor Ort reinzuziehen – ein Gedanke, den ich vor ein paar Tagen noch keinesfalls erwogen hätte…

(Ge)