Wienerlied, aber auf sehr leiwand
Das Wienerlied ist mir -an und für sich- ja seit Kindheit schwer suspekt – Hörbiger, Moser, Chmela, Peter Alexander oder diverse einschlägige (Schrammel-)Attacken beim Heurigen sind nicht so meine Sache und das wird sich wohl auch nicht mehr ändern.
Qualtinger-Heller, Roland Neuwirth, Eberhard Kummer (in Sachen historisches Volkslied sehr zu empfehlen!) und jüngst auch Ernst Molden (mit vielen Gästen und Mitstreitern) sowie meine Dialektaffinität sorgten aber dafür, dass das Genre nicht gänzlich negativ abgestempelt/unbeachtet blieb.
Erfreulicherweise gibt es auch außerhalb der Rapper-Kleinszenerie nun immer mehr jüngere MusikerInnen, denen der lokale/eigene Dialekt nicht mehr peinlich ist (in Wien ging es diesbezüglich spätestens nach “Ein echter Wiener geht nicht unter” steil bergab) – und irgendwie scheint es auch so etwas wie einen kleinen Dialektboom zu geben. Voodoo Jürgens schaffte es im Vorjahr sogar an die Spitze der Longplayer-Charts.
Prater WG – Überdosis Herz, Hirn und G’fühl
Die Prater WG besteht aus 3 wohl ziemlich unterschiedlichen Charakteren:
Verena Doublier (Gitarre, Gesang) kennt man schon von Wiener Blond – großartige Videos und feine Songs mit viel Schmäh und Augenzwinkern sorgten dafür, dass die Fangemeinde von Doublier und Mitstreiter Sebastian Radon laufend anschwillt und der kommerzielle Durchbruch wohl nur noch ein Album entfernt ist.
Maria Leubolt spielt den Kontrabass (gerne sonst auch den E-Bass), verstärkt auch den Gesang, reißt ab und an eine Zote und bildet mit Verena auch die Formation “Ronya Stern” bzw. mit Jason Haines “Maple & Mahogany”.
Florian Kargl (Gitarre und Gesang) ist Frontmann der Band Freischwimma, eine kompromisslose feine Band aus dem Waldviertel, und darüber hinaus auch noch ein feiner Texter.
Schon im April 2016 sah ich Verena Doublier, Maria Leubolt und Florian Kargl im Zweistern aufspielen (es dürfte damals der erste gemeinsame Auftritt gewesen sein) – und schon damals fand ich diese Folk-Wienerlied-Mischung ausgesprochen spannend.
Mittlerweile im Cafe Mocca in Gersthof (in den Stadtbahnbögen der Vorortelinie) angekommen, hat das Trio auch schon einen Bandnamen – die “Prater WG” kann Frau und Mann schon auch auf Facebook liken.
Das Liedgut der Prater WG ist schwer zu beschreiben und zu kategorisieren, “Neues-Wienerlied-Folksongs” würde es vielleicht treffen – aber höret doch selbst eine Nummer aus dem Portfolio:
Stimmlich harmonisiert das vortrefflich – wiewohl mir der Flo Kargl erzählte, dass ihm die Verena bei den Proben gerne einmal “davonläuft”, was man sich angesichts des stark ausgeprägten Bewegungsdrangs von “Springingkerl” Verena Doublier durchaus vorstellen kann.
Zwischen den Songs rennt mittlerweile auch der (spontane) Schmäh – dass man sich nicht nur im Publikum wohlfühlt, ist sehr leicht zu sehen.
An den Arbeitsgeräten (Gitarren und Kontrabass) stehen 3 leidenschaftliche MusikerInnen mit viel Herz, Hirn und Seele – das bleibt auch bei den ausgesprochen heiteren bis schwer wolkigen Texten nicht verborgen.
Gerade die Texte sorgen bei mir sogar für ein seltenes Phänomen: Gänsehaut!
Dem Publikum gefällts, auch der von mir aus dem Winterschlaf geholte Kollege Ar (heute eingangs ein Feuerwerk des bösen Schmähs) ist nunmehr handzahm und spricht: Von denen würde ich mir sogar eine CD kaufen. Kollege Ar ist seit einiger Zeit pöserpöser Spotify-User, das sagt wohl vieles.
Gibt es aber noch nicht – für einen Tonträger ist nämlich derzeit noch viel zu früh – die relativ kurze Konzertdauer (das einzige, wiewohl zu verstehende Manko) ist wohl der Tatsache geschuldet, dass es sich bei der Prater WG um ein “side-project” handelt.
Eines mit verdammt viel Potezial! Wir wollen mehr davon!