Silberne Hochzeit
25 Jahre gibt es sie schon, Naked Lunch, benannt nach dem gleichnamigen Buch William S. Burroughs und so wie der Roman weist auch die Bandgeschichte keinen linearen Verlauf auf. Aber das ist alles inzwischen Beinaheallgemeinwissen, bzw auf Wikipedia nachlesbar.
Fast Superstardom
Die Arena ist leider nicht ausverkauft, ich hätte es den Burschen gewünscht, diesen runden Geburtstag bei rammelvollem Haus zu feiern. Aber gut, die Wiener wissen scheinbar nicht, was gut ist. So wie auch die, die da waren, recht lang recht unbeweglich herumgestanden sind.
An der Band lag es nicht, Naked Lunch legten kurz nach 20 Uhr los und in der ersten Reihe (ich weiß ja, warum ich nicht hinten bei den Langeweilern steh) kannte die Euphorie keine Grenzen.
Gespielt werden natürlich die Hits der letzten drei Alben (Songs for the Exhausted, This Atom Heart of Ours, All Is Fever), es wäre aber kein echtes Jubiläum, wenn die Band nicht auch aktive Rückschau betriebe, noch dazu, wo doch passend zum Anlass eine wunderbare Zusammenstellung aller Singles der letzten 25 Jahre erschienen ist (einfallsreich The Singles Collection benamt).
Zu diesen lange nicht mehr gespielten Songs zählt unter anderem “Gimme Shelter”, zu dem einer der Gäste auf die Bühne kommt und ordentlich mitkracht: Martin Offenhuber, Gitarrist der formidablen Band Kreisky.
On A Sunny Day
Die Stimmung im Saal wird langsam aber sicher immer besser, es gibt langen Applaus zwischen den Liedern, wir Erstreihlinge sind sowieso nicht mehr zu bremsen.
Normale Naked-Lunch-Konzerte haben ja bisserl was Familienfeierhaftes an sich. Sie sind nicht so oft, so dass man sich schön darauf freuen kann, immer ein bisserl ähnlich, aber trotzdem nicht langweilig, manchmal gibt´s ein bisserl Streit (Ehepaar Welter-Zamernik), aber am End sind alle glücklich und zufrieden. Diesmal fehlen die Ansagen des Herrn Welter bzgl. “Zweckgemeinschaft” und “Zwangsehe”, ganz im Gegenteil, es herrscht Harmonie pur.
Zu “Closed Today” kommt Eva Jantschitsch, besser bekannt als Gustav, auf die Bühne, auch sie lacht in einer Tour, sehr relaxed.
Zum Abschluss des ersten Konzertblocks kommen Bernhard Eder und zwei weitere, mir unbekannte Herren, mit ihren Trompeten auf die Bühne und es wird noch einmal so richtig Vollgas gegeben.
Shine On
Der erste Zugabenteil beginnt melancholisch mit einem Weltersolo, gefolgt von The Funeral, dann die Nachricht, die alle Anwesenden mehr oder weniger rührt: Stefan Deisenberger, der Bär an den Keyboards, seit einigen Jahren mit seiner E-Zigarette den Nebelmaschinen Konkurrenz machend, verlässt nach 15 Jahren Naked Lunch. Schnief. Wie wird das weitergehen, fragt sich der schockierte Fan???
Danach geht es mit einem lachenden und einem weinenden Auge weiter, die Stimmung im Saal ist inzwischen richtig aufgeheizt.
Um 23 Uhr herum neigt sich das Fest langsam seinem Ende entgegen, zum letzten Lied kommen sämtliche Gäste noch einmal auf die Bühne und es nimmt nahezu mulatschagartige Ausmasse an.
Zu guter Letzt hatte wirklich Jede und Jeder im Publikum ein breites Grinsen im Gesicht, Naked Lunch machen glücklich, sollte es ärztlich verordnet für all die Griesgrame dieser Welt geben.
Die Frage, wie es mit Naked Lunch weitergehen wird, bleibt natürlich bestehen, dies war für längere Zeit das letzte Konzert der Burschen, hoffen wir auf ein Wiedersehen in nicht zu ferner Zukunft. (Ar)