Der Nino aus Wien und der Ernst Molden aus Wien in Baden bei Wien
Datum: 19.5.2015, 20.00h
Ort: Cinema Paradiso, Baden
Anlass: Unser Österreich-Tour
Kinosaal 1 im Paradiso in Baden. Kollege Ar und ich haben verdientermaßen die Plätze in der letzten Reihe bezogen (was auch ein wenig die katastrophale Fotoqualität erklärt) und der kleine Kinosaal ist selbstverständlich ausverkauft. Die beiden Balkonmuppets (also wir) lästern ein wenig über die Häufung von Silber-, Blank- und Graurücken, die wir zu unserer Überraschung im Saal erblicken (normal sind eher wir die Oldies) – vor einigen Minuten (am Eingang) dachte ich noch, diese würden mit Sicherheit gleich in den Saal 2 abbiegen und sich “Vom Winde verweht” oder ähnliches Material ansehen.
Nix da, richtiger Saal: Ernst Molden aus Wien und Der Nino aus Wien sind mit den Gitarren und der Mundharmonika nach Baden bei Wien gereist und schleichen sich auch schon recht pünktlich von hinten an. Mit einem ironischen “Oba kan Bledsinn schreiben” schreitet Ernst Molden mit dem Nino an uns (die gerade hochseriös die geplante “FUT-in-der-Populärmusik-Woche” vornotieren und dabei vielleicht ein wenig verdächtig blöd grinsen) vorbei und begibt sich auf die Bühne (also vor dem Vorhang der Leinwand). Halbwegs freundlicher Applaus setzt ein, der dann vom Zerimonienmeister Molden gleich einmal erfolgreich hochlizitiert wird.
Ernst Molden und Der Nino aus Wien sind auf den ersten Blick ein ungleiches Gespann. Da der noch sehr jung und fragil wirkende Nino mit eher leiser Stimme und bedächtiger Sprache – dort das sich in den besten Jahren (wann diese auch immer sind) befindliche Mannsbild Molden mit kräftiger und tiefer Stimmlage. Da wüde Papa und sei Bua, mag man sich auf der Straße denken.
Dass sich die beiden Herren aber schon seit einigen Jahren gut verstehen und einander auf der Bühne prächtig ergänzen, wird schon bald klar. Beides großartige Liedermacher mit Hang zum Tiefgang mit Niveau, beide dialektfähig aber dabei nicht tief (für die Nino-Generation ist Dialekt nicht Pflicht – wiewohl Nino’s Basislager Hirschstetten hier wohl half), beide Musiknarren und belesene Menschen.
Während der 1987 geborene Nino Franz Mandl relativ rasch via Internet und auch TV Kultstatus in Österreich erreichte (Die bekannteste Nummer “Du Oasch” ist übrigens ein Song, der mich als Erstkontakt zur Nino-Musik eigentlich nicht wirklich überzeugt hat), spielte sich der 20 Jahre ältere Ernst Molden erst langsam -und wohl auch mühevoll- hoch. Anfangs noch primär als Schriftsteller unterwegs, gibt es seit 2005 im Schnitt jährlich eine Molden-Platte (oder auch CD, Platten mag Ernst Molden lieber) und der Erfolg wird erfreulicherweise von Scheibe zu Scheibe größer.
Ernst Molden arbeitete schon zuletzt erfolgreich, gerne und qualitativ mit anderen Künstlern zusammen (Willi Resetarits, Walther Soyka, Hannes Wirth – um nur einige zu nennen). 2014/2015 wurde die 2010 begonnene Kollegen- und Freundschaft mit Nino intensiviert, woraus der Longplayer “Unser Österreich” resultierte.
“Unser Österreich” ist, wie Kollege Ar schon erwähnt hat, eine sehr gelungene Zusammenstellung von feinem heimischen Liedgut. Nein, nicht Der Amadeus, Der Kommissar, Der Hofer (wiewohl sicher passend) oder Der Dodl mit der Rodel sind Thema – vielmehr haben sich die Barden an zwar -großteils- bekannten, aber nicht “Weltberühmt-in-Österreich-Nummern” versucht. Nummern, die besonders viel erzählen und auch oft einiges offen lassen. Und sie sind beim Versuch wirklich nicht gescheitert.
Danzer (Jo, da Foi wiad imma glora, Vorstadtcasanova, Tschik), Ambros (Wie wird des weitergehn, Espresso), Sigi Maron, Falco, Hirsch oder Heller werden streng nach CD-Reihung gespielt und gesungen und erhalten dabei einen individuellen Molden-Nino-Anstrich, der -zumindest meiner Ansicht nach- eigentlich nur bei den Falco-Nummern (Ganz Wien, Nachtflug) nicht wirklich ins neue Kleid passte. Dazwischen immer wieder eigene Nummern von Nino und Molden. Im Duett für mich live besonders gut gelungen: “Wie wird des weitergehn?” Eine Nummer für Fragende, deren 2 auf der Bühne sitzen.
Als alter Danzer-Fan bzw. auch Kenner fast aller anderen Songs mit Originalstimme ist die neue Verpackung natürlich gewöhnungsbedürftig. Bei Molden fällt mir auf, dass er sein deutliches Organ bei Fremdliedern zumeist deutlich verändert (ja reduziert), bei Nino, dass die da und dort zu lesenden Vergleiche mit Heller in fast jeder Hinsicht ein Riesenblödsinn sind. Gerade “Poet” würde ich da wie dort gelten lassen.
Lassen wir den Nino Nino sein und Nino werden, und den Francis Charles Georges Jean André Heller-Hueart den Heller Franzi. Gut so, beides sehr gut sogar. Zumeist.
Bis auf den Vorstadtcasanova und die Schwoaze Maria vom Wagram (Molden) ist das Songmaterial ziemlich dunkelgrau (Hirsch) bis rabenschwarz. Aber das ist ja Programm und nebenbei auch meine Lieblingsfarbe. Ernst Molden erzählt in der Regel zwischen den Songs auch recht nette bis launige Kurzgeschichten – was mich in Klasse und Souveränität auch ein wenig an den späten Danzer (den frühen habe ich ja nicht live gesehen) erinnert. Dazwischen wirft Nino immer wieder ein paar besonders feine Wuchtln ein – staubtrocken, wie das sonst fast nur Kollege Ar kann.
Die dunkle bzw. graue Masse im Kino spendet freundlichen Applaus, der lauter und lauter wird – und damit ist auch schon bewiesen, dass Nino und Ernst sich wieder ein Stückchen nach oben (wo immer das ist) gespielt haben.
Doch ganz plötzlich, bei “Im grünen Wald von Mayerling”, vernimmt mein feines Lauschorgan plötzlich schwere Misstöne. Entwarnung: Es ist nur der Ar, der da versucht, mitzusingen – schließlich wurde er damit in seiner frühen Jugendzeit via LP berieselt. Welch Glück für den Ar: Bei uns war Waterloo & Robinson schon progressiv. Auf Kassette. Nebenbei bemerkt.
Die Kombination der Herren ist jedenfalls wunderbar und ruft wohl auch kommerziell nach Wiederholung (Die Longplayer “Keine Angst” und das geniale “Atemzüge” von Georg Danzer flüstern schon lautleise nach dunklen Seelen). Trotzdem steht bei mir das eigene Liedgut von Ernst Molden und neuerdings auch vom Nino aus Wien noch eine Stufe höher – spreche mich demnach hinkünftig für gemeinsame Konzerte aus: Zuerst der Ernst, dann der Nino (oder umgekehrt, wer halt die längere Tschikpause benötigt, von mir aus immer jeder 3 Songs und dann Wechsel) – und dann im Finale alle 2.
Wird’s wohl ned spielen, aber probieren derf ma’s ja;-)
(Ge)
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