Nino aus Wien – Heimspiel mit Messi & Co.
Die Kunst- und Kulturwüste Donaustadt hat am 15.1.2016 vielleicht schon das Highlight des Jahres erlebt:
Der Hirschstettner (Donaustadt!) Liedermacher-Literaten-Schelm Nino Mandl (derzeit im selbstgewählten Exil im Stuwerviertel) AKA Der Nino aus Wien, beehrte das sonst eher für Kabarettabende bekannte Orpheum in der Gograuner (Kagraner) Steigenteschgasse und hat uns erfreulicherweise gleich einen Haufen abersowasvonallerfeinsten Musikern mitgebracht.
Raphael Sas (Keyboard und Gitarre), pauT (Bass), David Wukitsevits (Schlagzeug), Walther Soyka (Harmonika), Lukas Lauermann (Cello) und unser Lieblingssirtralala David Hebenstreit (Violine) benennen sich heute “Die Wiener Melange” und begleiten den mittlerweile schon ganz schön bekannten Wiener Untergrundpoeten durch den Abend.
Das Orpheum ist restlos ausverkauft und leider heute auch bestuhlt (ca. 300 Leute passend so rein) – und leicht erschreckt müssen wir erblicken, dass schon um 19.30h (Beginn: 20.00h) die Hütte ziemlich voll ist. Kurze Kleinpanik! Denn immerhin haben wir 2 junge Damen dabei, die ziemlich sehr auf den Nino (und primär auf seine Songs) stehen und ein junger Mann möchte vorne seine neue Canon in Anschlag bringen. Doch siehe da: Links vor der Bühne gibt es ja doch eine Menge Sesseln für uns – interessanterweise blieben davon später sogar noch einige frei, während hinten Stehplätze bezogen wurden…vielleicht ist das Donaustädter Publikum (alterstechnisch äußerst bunt gemischt) ja noch schulgeschädigt und meidet daher die ersten Reihen…
Bäume im der Kulturoase Orpheum
Fast pünktlich entern die “Buben” die Bühne und legen los: Das 2014 in der Cselly Mühle zu Oslip mit fast der gleichen Besetzung (einzig Clemens Denk fehlt) aufgenommene Album “Bäume” ist die erdige Basis des Abends. Vielleicht kein Zufall: Die Donaustadt kommt in “Bäume” schon ab und an vor…
“Bäume” ist ein Album (wie auch der gleichzeitig erschienene Zwilling “Träume”), das mit jedem Durchlauf besser wird – nur langsam prägen sich die Melodien in meinen dafür zuständigen Gehirnhälften ein und Stück für Stück tun das auch die scheinbar schwierigen und für den Nino doch scheinbar so leicht fließenden, grenzgenialen (soweit man das als Durchschnittstrottel aus Eßling beurteilen kann), Texte.
Mit dem Nino mitsingen ist schon ob der Textvorlagen äußerst schwierig, “unsere” Mädels versuchen es trotzdem ab und an, meinereiner lässt sich lieber ein wenig in die Musik fallen – und die ist schon ob der Mitwirkenden (der “Wiener Melange”) eine Einserbank. Selten so eine derart relaxte, souveräne, harmonische und qualitative Partie gesehen – man möchte fast meinen, die Herren spielen dieses Programm pausenlos…Da hat der Nino heute wirklich eine feine Partie aufgestellt – quasi ein Heimspiel mit dem FC Barcelona.
Teil 1 des Konzertes ist eher ruhig, nach der Pause deutet dann der Herr Nino sogar ein wenig seine Gefährlichkeit an und wird da und dort etwas lauter, ja sogar leicht exzessiv: “The Euphoric Flenson” lebt auch im Nino, wiewohl der/das im Orpheum heute keinen weiten Auslauf kriegt. Schade – aber schon das zeitweilige Andeuten des “lass die sau raus” macht irgendwie Lust auf mehr.
Die Stimmung wird von Nummer zu Nummer besser und besser, Plurabelle, Des ollaletzte Liad und das Dylan-Cover (das es hoffentlich noch auf Tonträger schafft) taugen mir heute besonders und auch einige vorher schon gekannte -aber nicht gemerkte- Nummern klingen in dieser Besetzung schlicht und einfach großartig. Noch eine Stunde und das Orpheum wäre wohl gestanden – trotzdem ist hier wohl niemand unzufrieden nach Hause gegangen, was angesichts der durchmischen Publikumsschicht wohl auch als ziemlich Triumpf gewertet werden kann.
Wenn Musik- und Kulturjournalisten (zu deren Gattung wir uns ja eigentlich nicht wirklich zählen) keine Superlativen oder Worte mehr finden, dann schreiben sie gerne “Großes Kino”.
Großes Kino.
Nochmals sei an dieser Stelle auch die “Wiener Melange” erwähnt bzw. hervorgehoben – allesamt feine Künstler, von denen wir mit Sicherheit weiterhin viel bzw. in Zukunft noch deutlich mehr hören (und schreiben) werden. Nur die Gesangskarriere des Zeuglers David Wukitsevits zweifeln wir noch an 😉
Und auch noch eine private Freude sei verraten: Als am Folgetag doch tatsächlich der Junior bei einer längeren Autofahrt die “Bäume” vom Nino einforderte, freut sich der Erziehungsberechtigte. Doch nicht alles falsch gemacht.
(Ge)
Ein kleiner Eindruck vom Konzert mit laufenden Bildern:
Wem die Bilder hier noch nicht reichen: Unser Fotoalbum vom Nino aus Wien und der Wiener Melange im Orpheum auf Facebook.